Qualität kommt von Quälen

Ein Artikel zum Adbuster von pensan

Im Werbespot[# Der Werbespot: http://www.youtube.com/watch?v=MW85ll3D7xk; letzter Aufruf: 15.05.2010] von KIK mit Verona Pooth wird mit dem Slogan „Qualität kommt von Quälen“ geworben. Damit kommen die Werbemacher der Realität eigentlich ziemlich nahe.

Billig. So sollten Produkte eben sein. Erschwinglich, wie man so sagt. Auch Kleidung. Dass wir mit diesem Einkaufsverhalten lediglich unserer Geldbörse einen Gefallen tun ist den Wenigsten bewusst; bekannt, eigentlich ja - bewusst, eher nicht. Dass viele Textilwaren durch Kinderarbeit entstehen, haben die meisten von uns schon gehört, dass das T-Shirt das wir gerade anhaben ebenso, das möchte man lieber ausblenden. Verdrängen. Und dann flötet einem Verona Pooths Stimmchen entgegen, „Qualität kommt von Quälen“. Zynismus? Ein Eingeständnis, ein hauseigener Adbuster? Oder doch nur ein schlecht gewählter Werbeslogan?

„Als ich den Werbespot zum ersten Mal gesehen habe, war ich verwundert, dass Verona Pooth sich für diese Werbung mit diesem zweideutigen Slogan zur Verfügung stellt“, meint pensan, InterMedia Student, der auf diese Werbung hin einen Adbuster erstellte. Da er selbst auf fair produzierte Kleidung achtet, sah er sofort den Werbespruch in einem anderen Licht: „Wenn Waren derart billig zu erwerben sind, kann man sich ja ausrechnen, wie diese Preise zu Stande kommen.“ Sein Adbuster zeigt ein Kind an einer Nähmaschine, darüber in großen Lettern der Spruch „Qualität kommt von Quälen". Doch was kann sein Adbuster bewirken?

Kinderarbeit in der Textilindustrie hat eine erschreckend lange Geschichte. Bereits im 17. Jahrhundert mussten Minderjährige im Alter von gerade einmal 4 Jahren arbeiten, 10 bis 16 Stunden täglich. Und heute? Nein, es hat sich nichts wirklich gebessert, heute im Zeitalter des modernen Imperialismus – wir versuchen lediglich von der Realität zu entfliehen, wir versuchen uns ihr zu verschließen. Und die Konzerne sind gerne bereit uns dabei zu helfen.

Doch Moment, was hört man da? „Qualität kommt von Quälen“, ein fröhlicher Sing-Sang schallt aus dem Fernsehen. Auf solch ein Eingeständnis ist man tatsächlich nicht gefasst. Oder war es gar Zynismus – in der Werbung? Die Welt erscheint für einen Moment vollends paradox zu sein. Auf den zweiten Blick, das zweite Hinhören ist man sich doch dann sicher. Klar, einfach ein ungünstiger Werbeslogan, den kann man missverstehen, da hat jemand nicht ganz aufgepasst. Vielleicht ein absichtlich schockierender Werbeslogan, der mit allen Mitteln die Aufmerksamkeit auf die Marke lenken will. Medienecho. Doch durch den Kontext der Kinderarbeit wirkt es nicht wie ein leichtsinniger Slogan, eher wie ein Mahnruf, ein Aufruf, ein Weckruf. Wacht auf, an eueren Kleidern klebt Blut, wacht auf, eure Kleider sind die Material gewordene Ungerechtigkeit. „Qualität kommt von Quälen“, diese Blümchen-Stimme, sie will nicht mit der Botschaft zusammenpassen. Diametral entgegengesetzt. Ein Kontrapunkt.

„Ich hoffe“, sagt pensan, „dass die Betrachter meiner Arbeit sich Gedanken machen. Gedanken darüber, wie die Waren in unserer Welt zu ihren Preisen kommen, vor allem auch bei Kleidungsstücken“. Sein Adbuster soll klare Verhältnisse schaffen, den Slogan eindeutig von der anderen Seite beleuchten. Zeigen, dass das Quälen nicht - wie im Werbespot zu sehen ist - nur in der Waschmaschine stattfindet. Dennoch räumt pensan ein, dass „Adbuster leider viel zu oft als witzige Anti-Werbungen gesehen werden und so der eigentliche Inhalt, die eigentliche Nachricht untergeht“. Doch sein Adbuster unterscheidet sich von anderen Werken, unterscheidet sich von der Zweideutigkeit des Werbespots: Er bringt eine Aussage klar auf den Punkt. Kein Witz, kein Lachen. Reduktion. Reduktion auf das Wesentliche, Fokus auf die Problematik.

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