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Tao Jie - Ein einfaches Leben
Tao Jie (Originaltitel Tau ze) ist eine Tragikomödie welche 2011 unter der Regie von Ann Hui und nach Drehbuch von Susan Chan und Roger Lee erschienen ist. Produziert wurde der 114 minütige Film in der Volksrepublik China. Zudem beruht der ergreifende und keineswegs beschönigende Film auf einer wahren Geschichte.
Chung Chun- Tao, auch Ah Tao genannt, kennt seit jeher in ihrem Leben nur eines: sie lebt, um anderen das Leben zu erleichtern. Seit Ah Tao nämlich eine Jugendliche war hat sie zuerst als Kindermädchen und dann als Hausdame für Familie Leung gearbeitet. Ah Tao ist eine äußerst fürsorgliche Hausdame, welche die Vorlieben und Gewohnheiten „ihrer“ Familie genau kennt.
Ah Taos Kindheit war alles andere als leicht: Sie wächst nämlich als Waise auf, wird dann von einer Familie adoptiert in welcher der Vater kurze Zeit später während der japanischen Besetzung Chinas stirbt. Das Leben soll für Ah Tao nun aber nicht leichter werden. Die hinterbliebene Witwe sieht sich nämlich nicht im Stande alleine für Ah Tao aufzukommen- und so wird Ah Tao auf Arbeitssuche geschickt.
Ah Tao wird nun von Familie Leung als Kindermädchen und Haushaltshilfe angestellt. 60 Jahre arbeitet sie so ausschließlich für jene Familie und zieht somit 3 Generationen der Leungs auf.
Man könnte meinen, die Familie wäre nun relativ groß, wären nicht alle Familienmitglieder bis auf den Filmproduzenten Roger, welcher die zweite Hauptrolle des Filmes darstellt, mittlerweile emigriert.
Wie es das Schicksal so will erleidet Ah Tao einen Schlaganfall und kann von nun an niemand mehr eine Hilfe sein- im Gegenteil: von nun an benötigt sie erstmals selbst Hilfe. Der vielbeschäftigte Filmproduzent Roger sieht sich gezwungen, Ah Tao in ein Altersheim zu geben, da er nicht genug Zeit aufbringen kann, sich um die schwache Frau zu kümmern. Für Ah Tao beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt, einer mit dem sie nicht gut zurecht kommt. Ihr Leben wird nun natürlich komplett umgekrempelt: Sie ist erstmals von einer Institution abhängig, muss Erlaubnis einholen, um etwas zu tun, hat zu essen, wenn alle essen, dies alles ist für Ah Tao zu neu, es bereitet ihr Schwierigkeiten.
Interessant ist hierbei die Rolle und der Charakterwandel von Roger. Vor dem Schlaganfall war er Ah Tao gegenüber nämlich relativ arrogant, hat sie wenig beachtet und die schmackhaften Gerichte Ah Taos als selbstverständlich angesehen. Der Schlaganfall bringt hierbei die Wende: es ist plötzlich selbstverständlich, dass Roger sich um Ah Tao kümmert und bei ihr ist.
Die erste Zeit des Heimaufenthaltes kommt Roger sie nur sehr sporadisch besuchen, höchstens um finanzielle und organisatorische Dinge mit dem Altersheim zu regeln. Doch nach und nach bemerkt Roger, wie sehr ihr Ah Tao doch ans Herz gewachsen ist, wie viel Platz Ah Tao in seinem ja eigentlich kaum noch vorhandenen „Familienleben“ eingenommen hat.
Nebenher wird nun auch die Situation im Altersheim beschrieben, denn Ah Tao wird des Öfteren ausgelacht und es wird über sie getuschelt. Es ist ihr natürlich klar, warum. Sie ist die einzige, die eigentlich ja keine Familie hat. Roger und sie beschließen, dass sie erzählen, Roger sei ihr Patenkind. Doch auch andere Schicksale weiß der Film geschickt zu erzählen: Heimbewohner, die Familie hätten, aber keinen Besuch bekommen, nicht mal an Feiertagen.
Wendepunkt im Film stellt eine Szene dar, in der Roger Freunde bei sich zu Hause eingeladen hat. Sie finden noch ein vorgekochtes, eingefrorenes Gericht von Ah Tao und bereiten es zu. Alle sind begeistert und loben Ah Tao in den Himmel. Hier fällt Roger das erste mal ganz bewusst auf, wie sehr er Ah Tao vermisst, wie sehr Ah Tao Familie für ihn ist.
Von nun an kümmert er sich intensiv um die alternde Dame, er geht mit ihr auf die Filmpremiere seines Filmes und stellt Ah Tao seinen Freunden und Arbeitskollegen als seine Patentante vor.
Ah Tao erleidet einen zweiten Schlaganfall und stirbt zu Ende des Filmes.
Die Schlussszene zeigt eine doch recht feierliche Messe für die verstorbene Ah Tao.
Schlussfolgerung
Meiner Meinung nach trifft der Film den Zahn der Zeit. Familien trennen sich- die Mitglieder gehen ihren ach so tollen „Karrieren“ nach und vergessen darauf auf die echten Qualitäten des Lebens: z.B. ein Familienleben. Mitten drin steht eine arbeitssame, bescheidene, vom Leben gebeutelte und gutmütige Frau namens Ah Tao. Sie kümmert sich ihr ganzes Leben um andere, rackert sich ab, nur damit sich nachher einen Schlaganfall erleidet und in ein Altersheim muss. Doch Roger lässt sie nicht im Stich, er bemerkt wie sehr er Ah Tao in seinem Leben schätzt, wie sehr Ah Tao eine Familie für ihn bedeutet. Eigentlich auch klar: sein Leben lang kennt er sie doch schon. Er beginnt die Beziehung zu Ah Tao zu intensivieren und kümmert sich um sie, nennt sie liebevoll vor allen andern seine Patentante. Er erkennt den Sinn des Lebens: nämlich die Arbeit einmal in den Hintergrund stellen, und für Menschen da zu sein, die wirklich jemanden brauchen.
Zudem zeigt der Film nur zu gut auf, wie es sich in den Pflegeheimen abspielt, wie Menschen agieren und wie oberflächlich leider alles geworden ist. Alte Menschen, auch wenn sie uns noch so gut aufgezogen und erzogen haben, werden einfach in ein Pflegeheim „abgeschoben“ und niemand kümmert sich mehr darum. Die Menschheit muss in nächster Zeit noch viel umdenken und hoffentlich wieder menschlicher und einfühlsamer hierbei werden.
erstellt von Niklas K.