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Minimalismus – Mehr als ein Lebensstil
Was bedeutet Minimalismus eigentlich? Allgemein beschreibt es ein stilistisches Prinzip, das aus der Kunst und des funktionalen Produktdesign entsprungen ist.
"Good design is little design as possible" - Dieter Rams
Spätestens durch die Designikone wurde der Begriff Minimalismus einhergehend mit Ästhetik, Ehrlichkeit, Umweltfreundlichkeit, Schlichtheit und Funktionalität verstanden. Soweit scheint es klar zu sein. Doch was bedeutet es genau? Der Begriff findet noch in weiteren Bereichen, wie in der Architektur, Mode, der Linguistik, im Theater und in der Musik, Anwendung. Allgemein beschreibt es ein Prinzip der Reduzierung überflüssiger Merkmale. Der Fokus liegt auf dem Fundamentalem, den notwendigen Eigenschaften.
Minimalismus als Lebensphilosophie?
Doch was stellt man sich unter einem minimalistischen Lebensstil vor? Es hört sich erst einmal danach als, als wären das Menschen, die in einer leeren Wohnung leben möchten. Sie haben höchstens ein Bett und vielleicht ein minimalistisches Bild an der weißen Wand hängen. Oder es kommt das Bild von Leuten in den Sinn, die mit einem Rucksack durch die ganze Welt reisen und von dem Leben, das sie mit sich führen. Sie wiederum brauchen kein Eigeneheim, weil sie sich ihres Besitzes entledigen wollten. Das sind unsere Vorstellungen von krassen Menschen, aber doch keinen normalen, so wie du oder ich. Oder?
Der Trend zeigt, dass die Anzahl seiner minimalistischen Anhänger:innen seit einigen Jahren unaufhörlich voranschreitet. Dabei frage ich mich: wo kommen jetzt plötzlich all die krassen Menschen her? Beschäftigen wir uns näher mit ihnen, so wird schnell deutlich: Minimalismus ist so viel mehr als das Reduzieren von Besitztümern. Es vereinheitlicht verschiedene Werte unserer Kultur, die durch die aktuellen Herausforderungen und Probleme unserer Zeit entstanden sind. Die sogenannten Minimalisten können als eine Art Bewegung verstanden werden, ähnlich wie die der Voluntary Simplicity oder der Cultural Creatives Bewegung.
Der Kölner Stammtisch
Einer der bekanntesten Minimalisten und Gründer des Stammtisches ist der 39-jährige Michael Klumb.
Bevor ich mich mit Minimalismus auseinandergesetzt habe, besaß ich 2000 CD`s. Heute reichen mir meine 5 besten, die ich mir gern beim Autofahren anhöre. - Michael Klumb
Seit 2014 bietet er monatliche Treffen für Gleichgesinnte und Neugierige in verschiedenen Kölner Lokalitäten an. Meist aber bevorzugt Michael ein besonderes Kölner Cafe, in dem die Teilnehmer:innen herzlich aufgenommen und mit guten Kuchen versorgt werden – Café de Kok.
Jetzt fragt man sich, wie wohl so ein Treffen aussieht. Tatsächlich wirkt es nach Außen hin weniger spektakulär, als es tatsächlich ist. Am Stammtisch kommen viele unterschiedliche Menschen und ihre Geschichten zusammen. Mal sind es nur drei Teilnehmer:innen, mal eine große Gruppe von bis zu 30 Leuten zusammen. Einige kennen sich seit mehreren Jahren und tauschen sich regelmäßig aus. Andere wiederum sind spontane Besucher:innen, die aus reiner Neugierde teilnehmen.
Das steckt dahinter
Nach einigen Treffen wird ersichtlich, was die Menschen miteinander verbindet: ihre Werte und ihre Intentionen. Die Minimalisten wollen für ihr Handeln Verantwortung übernehmen. In jedem ihrer Lebensbereiche.
Achtsamer Konsum
Gewohnheiten hinterfragen
Fokus auf Selbstbestimmung
Fokus auf Nachhaltigkeit
(ehtische) Verantwortung tragen
–
Wohnen | Besitzen
Entrümpeln und Entsorgen
Ordnung und Strukturierung
Definitionen Neudenken
–
Selbstentfaltung
(Selbst-)Bewusstsein fördern
Achtsamkeit üben
"echte" Bedürfnisse kennen
–
Das schließt viele Themen ein, die miteinander verbunden sind. Wo wir bereits im übertriebenen Sinne die Reduzierung der eigenen Besitztümer angesprochen haben: ja, auch das ist ein wesentlicher Lebensbereich, mit dem sie sich intensiv auseinandersetzen. Für viele ist es das Einstiegsthema in den Minimalismus. Doch schnell wird bemerkt, dass mit dem Besitz ein ganz anderes Problem zutage kommt. Gerade wurde noch der Kleiderschrank mühsam aussortiert, da hat man schon wieder 10 neue Teile gekauft und der Schrank ist wieder so voll, wie er es vorher war. Dabei hat die Prozedur dreimal so lang gedauert, wie der eigentliche Kauf. Denn das Problem unserer Konsumgesellschaft besteht vor allem darin regelmäßig zu kaufen. Nicht weil wir es brauchen – sondern weil wir davon ausgehen, dass wir nur so glücklich sein können.