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Im Leben wird einem nichts geschenkt? Gratis gibt’s nicht? Geld regiert die Welt!? Der KostNix Laden Innsbruck beweist das Gegenteil! Der Umsonstladen im Herzen der Tiroler Landeshauptstadt ist ein gelebter Versuch anderen Wirtschaftens und ein gelungenes Beispiel für Nachhaltigkeit und Solidarwirtschaft. Ein Besuch im Innsbrucker KostNix Laden in der Innstraße 45 ist ein Erlebnis, quasi ein Mikroabenteuer für Mutbürger*innen mit neuen Perspektiven auf unsere Waren- und Wegwerfgesellschaft.
Das Prinzip der Gratis-Ökonomie
Ein Umsonstladen beruht auf dem Prinzip der Gratis-Ökonomie, die ohne Geld und ohne Tausch funktioniert. Erste Versuche und kleinere Einrichtungen (z. B. diverse Arten von Tausch-Ständen u. ä.) fanden bereits während der 68er-Bewegung statt. Der Startschuss für gegenwärtige Gründungen von Umsonstläden fiel jedoch erst 1998 in Hamburg mit der Eröffnung des ersten Umsonstladens in Deutschland. Bisher sind diese besonderen Läden, die gebrauchte ebenso wie neue Gegenstände zur Mitnahme ohne jedwede Gegenleistung zur Verfügung stellen, insbesondere in Deutschland und Österreich sowie in den Niederlanden verbreitet. Das Konzept ist leider auch nicht ohne Weiteres immun gegen kommerziellen Missbrauch. Deshalb gilt in vielen Läden beispielsweise die Grundregel einer Beschränkung der Mitnahme von max. drei Gegenständen pro Besuch (um die Gegenstände ggfs. vor einem geplanten Weiterverkauf am Flohmarkt zu schützen).
Gratis ist nicht gleich karitativ
In einem Umsonstladen erfolgt jedwede Art der Dienstleistung freiwillig und, wie der Name schon verrät, unentgeltlich. Hier erhält man Gebrauchsgüter oder auch Dienstleistungen, im Sinne von freundschaftlichen Hilfsleistungen. Gemeinschaftliches Denken und ausreichend wechselseitige Beziehungen sind die Voraussetzung für die Lebendigkeit dieser Initiative. Es geht hierbei also keineswegs darum, nach etwaiger sozialer Bedürftigkeit zu selektieren. Integrativ geführte Umsonstläden basieren auf wechselseitiger Unterstützung und gemeinschaftlicher Kooperation.
Der KostNix Laden Innsbruck bspw. zeigt sich auf seiner Website gegenüber seiner Kundschaft ebenso wenig karitativ wie selektiv, sondern klar sozialpolitisch motiviert. Seit der Laden 2007 seine Türen erstmals öffnete, möchte er ein Zeichen „gegen die alles dominierende und zerstörende kapitalistische Wirtschaftsweise“ setzen. Nachdem 2018 der Mietvertrag am Erststandort in der Höttingergasse 11 nicht verlängert wurde, wechselte die Initiative 2019 ihre Räumlichkeiten und ist nun in der Innstraße 45 zu finden.
➜ catbull.com/kostnix/
Kooperationen ersetzen Profitinteressen
Der KostNix Laden Innsbruck veranschaulicht seit 13 Jahren, wie Menschen auch ohne Profitinteressen initiativ werden und proaktives, solidarisches Handeln ohne Erwartung einer Gegenleistung vorleben. Zugleich dient er als Treffpunkt für Gleichgesinnte z.B. bei Lesekreisen, Theater-Aufführungen, Workshops oder einfach nur so, um sich auszutauschen und beisammen zu sein. Die Innstraße 45 ist z.B. auch Ausgangsort für einen sonntäglichen Lauftreff. Auf der offiziellen Facebookseite finden sich Informationen zu weiteren Veranstaltungen, Aktionen, und Projekten sowie sonstige interessante Meldungen:
➜ www.facebook.com/kostnixladen.innsbruck
"Go now, why wait"
Regelmäßig macht der Innsbrucker KostNix Laden auch mit Kunstprojekten auf sich aufmerksam. Mit dem vom Land Tirol im Rahmen der TKI open (Tiroler Kultur Initiativen) geförderten Projekt „Go now, why wait“ hat der KostNix Laden am Samstag den 23. Mai 2020 den Versuch gestartet, den Innsbrucker Marktplatz in ein Experimentierfeld für „Möglichkeiten ökologischer und egalitärer Öffentlichkeit zu verwandeln“. Dafür wurden zunächst drei ausgeschlachtete Autos mit verschiedenen Pflanzen, Sträuchern und Bäumen begrünt. Das auf Facebook beschriebene Ziel der Aktion ist es, „die Betonwüste des Marktplatzes“ nicht nur „in eine grüne Oase zu verwandeln“, sondern einen Raum zu bilden, „in dem wir alle gemeinsam darüber reden können, was es bedeutet, nicht wegzusehen und den Mund aufzumachen, wenn Marginalisierte noch weiter an den Rand getrieben werden und der öffentliche Raum privaten Interessen zum Opfer fällt.“ Der Marktplatz soll also, mehr als ein Ort der Geschäfte, vor allem ein „Platz des Austausches, nicht nur von Gütern, sondern auch von Meinungen und Lebensentwürfen“ sein. Mit „Go now, why wait“ hat der Innsbrucker KostNix Laden einen weiteren kommunikativen Treffpunkt für Quer- und Neudenker*innen und solche, die es werden wollen, gestaltet.
➜ www.tki.at/tki-open/tki-open-20/ueberblick-projekte/go-now-why-wait
Konkrete Utopie oder praktische Kapitalismuskritik?
Im Konzept eines Umsonstladens steckt das Potenzial, der Kommerzialisierung von menschlichen Beziehungen ebenso wie dem zeitgeistig vorherrschenden Konkurrenzdenken entgegenzuwirken, um nach und nach den Boden für ein nachhaltiges Miteinander zu ebnen – ökologisch, sozial und auch ökonomisch. Mit der Organisation von „Go now, why wait“ am Innsbrucker Marktplatz hat der KostNix Laden Innsbruck auch 2020 einen wertvollen Beitrag zu einer sinnvollen Gestaltung öffentlicher Räume geleistet. Mit seinem Aufsehen erregenden Erscheinungsbild vermag der veränderte Marktplatz Menschen zum Nach- und Umdenken anzuregen. Unter Berücksichtigung der jeweils aktuellen Corona Beschränkungen sind übrigens Alle dazu eingeladen, in den „folgenden Monaten diesen Platz mit Ideen und Leben zu füllen.“
„Pflanzen wir die Stadt der Zukunft! Pflanzen wir eine Stadt, in der Ökologie über Mobilität steht und Menschen mehr Wert sind als Profite!“
Ideen und Fragen am besten gleich direkt via E-Mail an den KostNix Laden Innsbruck richten:
➜ kostnix [at] catbull.com
Text (sofern nicht anders angegeben):
Lea Stoll
Foto:
CC-by KostNix Laden Innsbruck
Links:
➜ KostNix Laden Innsbruck: catbull.com/kostnix
➜ die Installation „Go now, why wait“ am Innsbrucker Marktplatz hat zu einem schönen Musikvideo für den Song „Niemand redet außer dir“ von Stichprobe inspiriert
➜ Kostnix-Läden in Österreich: www.umsonstladen.at
➜ Umsonstläden in Deutschland: alles-und-umsonst.de/umsonstladen