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Wo kommt das Fleisch her, das mein Kind essen soll? Eine einfache Frage, die Autor Jonathan Safran Foer bei der Geburt seines Sohnes gestellt hat und ausschlaggebend dafür war, in einer Undercover Reportage die unmoralischen Machenschaften in der Fleischproduktion aufzudecken. Drei Jahre lang recherchiert er, spricht mit Agrarexperten, bricht nachts in Tierfarmen ein und interviewt Schlachthof Mitarbeiter.
Die Vorstellung von zufriedenen Tieren, die im Einklang mit der Natur leben, stressfrei aufwachsen können und dann bei uns auf dem Teller serviert werden, entspricht nicht der Realität. Fleisch ist ein Produkt das industriell hergestellt wird. Der Autor behauptet, dass fast 98% des Fleisches das wir Mitteleuropäer zu uns nehmen aus Massenproduktion stammt. Die absurd billigen Preise des Fleisches in Supermärkten können nur durch Fließbandarbeit in Schlachthöfen ermöglicht werden, doch der Preis den wir dafür zahlen müssen ist unsere Gesundheit. Von der Geburt bis zum Tod werden Antibiotika gefüttert und die Tiere in Abgeschlossenheit aufgezüchtet. Dort ist Umweltzerstörung die Regel. Die Wirklichkeit von guten Bauernhöfen mit Spitzenqualität ist verschwindend gering.
Neben dem unendlichen Leid, das den Tieren zugefügt wird, geht Foer auch den Fragen auf den Grund, was Essen für uns Menschen bedeutet. Argumente, die wir uns selbst vorhalten um unser Essverhalten zu rechtfertigen, werden vom Autor hinterfragt. Außerdem erwähnt Foer, dass der Verzehr von Fleisch Teil unserer Kultur ist. Man denke dabei nur an den Thanksgiving-Truthan oder die Gans zu Weihnachten, die allesamt traditionell behaftet sind. Viele dieser Beispiele werden geschickt in Geschichten verpackt, denn der Autor ist überzeugt, dass Menschen ihr Verhalten nicht über Fakten ändern. Erlebnisse und Geschichten hingegen können zum Umdenken bewegen.
Seiner Auffassung nach sind Geschichten über Essen auch Geschichten über uns und unsere Werte. In seinem Buch erzählt er unter anderem die Geschichte seiner Großmutter, die im zweiten Weltkrieg am verhungern war und trotzdem das ihr angebotene Stück Schweinefleisch nicht gegessen hat, weil sie als Jüdin ausschließlich koscheres Fleisch essen darf. Daraus wird ersichtlich, dass es der Großmutter wichtiger war ihre religiösen Werte einzuhalten und das obwohl sie verhungern hätte können.
„Tiere essen“ ist ein Buch das moralische, gesellschaftliche, soziale, innere und kulturellen Werte behandelt. Vorwiegend wird aber die Diskussion, ob Fleisch essen ethisch korrekt ist oder nicht, angestoßen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass dieses Buch die Kombination aus berührenden Geschichten und dem Reichtum an Fakten auszeichnet. Foer lässt alle Seiten zu Wort kommen. Moralpredigten seinerseits werden vermieden und die Fakten neutral geschildert. Ich denke, dass jeder der das Buch liest, sich zumindest hinterfragt inwiefern man selbst davon betroffen ist. Der eine oder andere wird nach diesem Buch sein Essverhalten radikal ändern, davon bin ich überzeugt, denn der Autor nimmt sich kein Blatt vor dem Mund und bringt die unmoralischen Machenschaften der Fleischindustrie ans Licht. Jonathan Safran Foer selbst wurde während seinen Nachforschungen zum strikten Vegetarier, da er den Fleischverzehr aus ethischer und gesundheitlicher Sicht für nicht vertretbar befindet.
Foer, Jonathan Safran(2010): Tiere Essen. Jonathan Safran Foer. Köln: Kiepenheuer & Witsch