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Der New Yorker Colin Beavan versuchte, ein Jahr lang gemeinsam mit seiner Familie – Frau, Kleinkind, Hund – klimaneutral zu leben. Die Erfahrungen hat er in einem Buch "No Impact man" notiert, das in der deutschen Ausgabe „Barfuß in Manhattan“ heißt und im Falter Nummer 12/2010 rezensiert wird.
Reduktion lässt sich üben, stündlich, täglich, monatlich.
Es geht
um das ganz Große: den Sinn des Lebens.
Es fängt mit dem Einkauf an – keine Produkte, die weiter als 400 Kilometer transportiert worden sind! – und endet beim Krach mit der Familie, weil man, statt hektisch in den Flieger zu steigen, zu Thanksgiving lieber zuhause bleibt. Bei Kerzenlicht, selbstgekochtem Essen und ohne Fernseher. Und ohne Zeitung, denn die müsste schließlich auch entsorgt werden. Stattdessen sind Kochen und Kuscheln die ganz großen Themen: Freunde einladen, kein Junkfood, kein Fernseher und dafür Zeit, Stadt und Natur bewusst zu erleben. Ist das kitschig? Die Lust am Verzicht und am sinnvoll gewordenen Leben wird spätestens zur Halbzeit klar. Beavan erklärt sie anhand sehr persönlicher Erlebnisse, mit dem Verlust geliebter Menschen und der Liebe zu seiner Familie: „Wie soll ich leben? Wozu ist mein Leben gut?“
Beavan hat mit dem Buch bereits Preise gewonnen und er ist dabei, daraus ein Geschäft zu entwickeln. No Impact man wird auch als Film erscheinen. Hier einige Vorschläge aus der Buchrezension für ein Leben mit Verantwortung:
1. Kein Fleisch mehr essen. Oder weniger. Die Fleischproduktion sei ein größerer Klimakiller als der Verkehr, so Beavan.
2. Wasser in PET-Flaschen aufgeben. Stattdessen: Leitungswasser trinken. Produktion und Privatisierung von Trinkwasser sei eine ökologische wie soziale Katastrophe.
3. Den „Öko-Sabbat“ einführen. Einen Tag, einen Nachmittag oder auch nur eine Stunde in der Woche nichts konsumieren, keine elektrischen Geräte benutzen, nichts kochen, nicht telefonieren. Beavan: „Gönne dir und dem Planeten eine Pause.“
4. Spenden. Einen Teil seines monatlichen Einkommens einer Non-Profit-Organisation geben. Man solle keinesfalls auf Angebote à la „Wenn Sie dieses Produkt kaufen, spenden wir ein paar Cent für den Regenwald“ hereinfallen. Konsum schütze nicht das Klima, so Beavan.
5.Selbst in die Pedale treten – und zwar eine bestimmte Anzahl von Tagen im Monat. Das bedeute nämlich nicht nur weniger Treibstoffverbrauch und Treibhausgase, sondern auch gesundes Training und bessere Luft. Beavan: „Eine Stadt voller Fußgänger und Radfahrer ist lebenswerter als eine Stadt voll mit Autos.“
6.Rohstoffe und Energie sparen. Müll kostet Ressourcen und Geld. Wäsche nicht im Trockner trocknen, sondern an der Luft. Lieber einmal weniger verreisen und dafür länger bleiben. Wenn das Handy noch funktioniert, braucht man nicht unbedingt ein neues. Reparieren lassen statt neu kaufen. Die Liste geht weiter und weiter.
7. Gemeinschaften bilden. Spieleabende veranstalten, Freunde zum Essen treffen, zusammen singen, diskutieren. Solche Dinge. Das bringt dem Planeten mehr als ein neuer Flachbildfernseher.
8. Seine Prinzipien auch im Job leben. Andere überzeugen: „Wir müssen so handeln“, sagt Beavan, „dass wir unseren Umweltschutz nicht nur privat in den eigenen vier Wänden leben, sondern auch in der Arbeit.“
9. Umweltarbeit statt Fernsehen. Einmal pro Woche, schlägt der No Impact Man vor, solle man sich für die Umwelt engagieren, statt in die Glotze zu starren.
10. Von ganzem Herzen daran glauben, dass dieser Lebensstil die Welt für alle ändert. Beavan: „Wir sind die Meister unseres Schicksals. So sollten wir auch handeln.“
Schon eigenartig, dass uns jemand aus einer amerikanischen Megametropole zeigen will, wie's geht. Dabei gibt es doch so viele Menschen auch in Europa, die einen reduzierten Lebensstil praktizieren. Offenbar kommt es stets auf die Verpackung und die Story an, die miterzählt wird. Denn "voluntary simplicity" klingt doch ein wenig spröde.