Review: Hope For All - Unsere Nahrung Unsere Hoffnung

CC-by-sa ethify.org & human
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Hope For All
Unsere Nahrung - Unsere Hoffnung

In "Hope For All" zeigt die niederösterreiche Filmemacherin Nina Messinger in drei Abschnitten zuerst die positiven Auswirkungen einer veganen Ernährung auf den menschlichen Körper und die Gesundheit, dann den gravierenden ökologischen Einfluss des ständig wachsenden Fleischkonsums auf die Umwelt und zum Schluss die grausame Gegenwart der Fleischindustrie, ihrer Tierhaltung und den Schlachthöfen.

Gleich zu Beginn setzt Messinger die Latte für den Rest des Films sehr hoch. Niemand geringeres als Dr. Jane Goodall meldet sich zu Wort und eröffnet den Film mit einem Monolog, in dem sie zur Mäßigung aufruft. Die Liste der Interviewpartner und Interviewpartnerinnen wird danach nicht weniger beeindruckend. Mit Dr. Vandana Shiva (Aktivistin, Umweltschützerin), Prof. Dr. T. Colin Campbell (Ernähungsforscher), Dr. Caldwell B. Esselstyn (Mediziner) oder Karl Ludwig Schweisfurth (ehemalige Inhaber von "Herta", größter Fleischfabrikant Europas) können große Namen ihrer Zunft als Fürsprecher einer veganen Ernährung präsentiert werden.

Nina Messinger versteht es mit der Mischung aus prominenten Namen, schockierenden Bildern und persönlichen Geschichten ihre Message tief in das Bewusstsein des Publikums zu projezieren. Zu Beginn zeigt sie einen Herzpatienten dem die medizinische Versorgung mit Operationen (acht Stents und ein Bypass) nicht helfen konnte und bei dem erst die Umstellung auf eine fettarme, rein pflanzliche Ernährung Besserung bescherte, eine Herzinfarktpatientin, die anstelle einer OP auf eine vollwertige vegane Ernährung setzte und geheilt wurde und ein Krebspatient, der nach einer schweren Lungenkrebs-OP anstatt auf eine Chemotherapie auf eine vegane glutenfreie Ernähurng setzte und heute krebsfrei ist. Sehr beeindruckende Geschichten, die durchaus ihren Eindruck hinterlassen und durch Experten noch aussagekräftiger werden.

Dass der weltweit wachsende Fleischkonsum ein imenses Problem für unser Ökosystem darstellt sollte eigentlich keine große Neuigkeit sein. Wälder werden abgeholzt, damit Tiere für die Lebensmittelproduktion gehalten werden können oder Tierfutter angebaut werden kann. Fleisch ist kein Luxusgut mehr, das sich nur die Oberschicht leisten kann, sondern wird auch als Billigprodukt für jede Brieftasche angebote. Der negative Einfluss auf die Umwelt ist dabei nicht von der Hand zu weisen. "Hope For All" zeigt die Gefahren auf welche z.B. der Methanausstoß von Rinderherden oder die Rodung von Dschungelflächen für den Anbau von Soja als Tierfutter hat. Geschickt spielt Messinger hier wieder mit gut aufgearbeiteten Zahlen und Fakten und den Erklärungen der Experten, wenn sie z.B. vergleicht wieviel Wasser für die Herstellung von 1kg Rindfleisch aufgewendet werden muss, im Vergleich zu 1kg Schwein, Huhn oder Äpfel.

Zu keiner Zeit lässt die Filmemacherin dien Intensität abschwellen. Mit jedem Themenwechsel folgt ein dicht gepacktes Programm an Fakten, Vergleichen, Expertenmeinungen und Schockbilder.
Und wer zu diesem Zeitpunkt schon das Gefühl hatte, dass die gebürtige St. Pöltnerin durchaus Mut mit einigen Aufnahmen bewiesen hat, dem wird der dritte Teil der Doku entgültig die Lust auf das nächste Schnitzel verderben.
Hier setzt der Film auf das effektivste Argument gegen den Konsum von und für einen Umstieg auf eine pflanzenbasierte Diät: Aufnahmen aus Masthöfen und Großschlachthöfen. Tiere die wie Waren behandlet werden (obwohl ich mich nicht erinnern könnte, dass es Aufnahmen aus Amazon-Lagern gibt in denen mit den Paketen so schlecht umgegangen wurde wie mit den Tieren in diesen Anlagen), grausam verenden, weil sie entweder nichts zu fressen bekommen oder unter der Masse der Art- und Leidensgenossen erdrückt werden.
Spätestens bei den Bildern (und vor allem der Soundkulisse) wie Ferkel im Akkord kastriert werden, brauche auch ich eine Pause. Einmal tief durchatmen, über das eigene Sein und die eigenen Entscheidungen nachdenken. Dann weiter.
Auch wenn das der audiovisuell schockierende Höhepunkt des Films darstellen sollte (zumindest aus persönlicher Sicht) geht die Grausamkeit weiter. Interviews mit ehemaligen Mitarbeiter in Schlachthöfen, die irgendwann ihre Arbeit nicht mehr machen konnten (es fällt der Vergleich sich wie ein Auftragsmörder zu fühlen), Veterinärmediziner, die über die unmenschlichen Zustände in den Schlachthäusern erzählen und den bereits erwähnten Karl Ludwig Schweisfurth. Schweisfurth baute "Herta" zum größten industriellen Fleischproduzenten Europas (wöchentliche Verarbeitung von 25.000 Schweinen und 5.000 Rinder) auf bis er das Unternehmen, aus ethischen Gründen, 1984 verkaufte und sich seit dem auf regionale, ökologische Biolandwirdschaft konzentrierte. Ein beeindruckender Wandel, der, perfekt platziert in diesem Segment, seine Wirkung nicht verfehlt. Wenn eine Person mit diesem Hintergrund schon so einen Schritt machen kann, dann sollte es doch für den Durchschnittsbürger auch kein großes Problem darstellen.

Über den Schluss des Films muss, nachdem im letzten Teil des Films ein veganes Propagandafeuerwerk abgebrannt wurde, nicht viel gesagt werden. Ein kitschig insziniertes Familienpicknick, das die Message nochmal unterstreicht und die Handlung des Films auf die Familienebene runter bringen soll "fleischlos ist die Zukunft, denk doch auch mal einer an die Kinder". Hätte man sich sparen können, da der Rest des Films ziemlich für sich spricht. "Gut gemeint" und "gut gemacht" sind dann hald doch nicht das selbe.

Fazit:

"Hope For All" predigt was der Titel verspricht, und der Film predigt viel und lang. Die grausamen Bilder aus den Schlachthöfen zusammen mit den Insidergeschichten von ehemaligen Mitarbeitern alleine sind schon stark genug um zu verstehen, dass man als Konsument umdenken muss. Über weite Strecken überspannt der Film den Bogen und wirkt zu überladen und unglaubwürdig. Messinger will Veganismus als "letzte Hoffnung für alle" an die Leute bringen und das gelingt mit einfachsten Propagandamethoden.
Auch wenn der Film durchaus zum Umdenken anregt und Punkte aufzeigt die dringend geändert werden müssen, tut sich der Film mit seiner fast schon penetranten und radikalen Art keinen Gefallen.
Vielleicht hätte sich Nina Messinger die eingehenden Worte von Jane Goodall zu herzen nehmen sollen. Darin fordert sie die Zuseher*innen auf sich zu mäßigen. 

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