Gestaltung – ein ethisches Dilemma?

Gedanken zum Kapitel „Gestalteter Naturstoff – Das Produkt“ aus „FORM:ETHIK“ (Hajo EICKHOFF, Jan TEUNEN; 2.Auflage; Verlag: avedition GmbH, Ludwigsburg, 2006)

Kürzlich las ich das schön gestaltete Buch „FORM:ETHIK“ zum zweiten Male; beim Kapitel „Gestalteter  Naturstoff – Das Produkt“ kamen mir dann plötzlich der Gedanke, dass Gestaltung an sich ein ethisches Dilemma in sich birgt. Wie das?

Das besagte Kapitel könnte folgendermaßen zusammengefasst werden: Gegenstände sind per se nichts Natürliches, sie sind vom Menschen geschaffen; die Natur hat in diesem Sinne keine Gegenstände. Heute aber herrscht ein Überfluss an Gegenständen und mit diesen Produkten wächst auch die Menge an Gestaltetem, an Gestaltung. Verpackungsdesign. Corporate Design. Werbeauftritte. Webdesign. Die Produkte überlagern, metaphorisch gesprochen, nun die Natur und werden zu einer Art zweiten Natur. Unserer zweiten Natur.

Was die Autoren des Buches zwar nicht explizit erwähnen, was ich persönlich aber meine, zwischen den Zeilen lesen zu können, ist die Forderung, dass gute, ethische Gestaltung nun versuchen sollte, unsere erste Natur mit der zweiten, also der Produktwelt, in Balance zu bringen. Doch wie soll das die Gestaltung bewerkstelligen, wo sie doch nicht nur ein fixer Bestandteil der zweiten Natur ist, um nicht zu sagen ein Produkt selbst, sondern gar selbst eine zweite bzw. dritte Natur ist? Ein ethisches Dilemma?

Auf den ersten Blick mag ein ethischer Zwiespalt, ein Dilemma auszumachen sein, bei erneuter Überlegung relativiert sich diese Vermutung jedoch. Zwar ist Gestaltung Teil dieser zweiten Natur – das heißt aber nicht zwingend, dass sie die beiden Naturen nicht in Balance bringen könnte. So kann bspw. durch durchdachtes Verpackungsdesign zum Gleichgewicht beider Pole beigetragen werden. Ich denke Gestaltung an sich stellt nicht ein ethisches Dilemma dar. Gestaltung richtet sich vielmehr nach dem Gestalter und erfordert ethisches Denken.

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(Bewusste) Gestaltung als ethische Form der Produktion?

Davon ausgehend, dass unsere Gesellschaft grundsätzlich Produkte erschafft (seit unserer Menschwerdung werden von Gebrauchsgegenständen über Schmuck bis hin zu religiösen Artefakten nicht-natürliche Produkte herstellt die unser Leben erleichtern, verschönern oder zumindest dafür gedacht waren), ist der Gestaltungsprozess von der Funktion an sich, über Formgebung zur Nutzbarkeit, Aussehen, Anleitung, Herstellung, Verwertung/Entsorgung und Bewerbung in seiner bewussten Form dem vorzuziehen, was die Alternative wäre: Ein Produkt, das unbewusst gestaltet wurde - bei dem also alle oder einige Aspekte dem Zufall oder der Gleichgültigkeit überlassen wurden.