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Stephan Lessenich „Neben uns die Sintflut“
Externalisierungsbegriff (man könnte auch Auslagerung sagen), zwei Dimensionen:
- Anderswo werden materielle Voraussetzungen erbracht für unsere „normalisierte“ Lebensführung.
- Externalisierung im engeren Sinn: Die Kosten der hiesigen Leben werden ausgelagert, fallen wo anders an, nämlich in Form von schlechter Arbeit die hier nicht mehr geleistet wird. „Drecksarbeit wird ausgelagert“. Auch Umweltschäden werden ausgelagert.
Beispiele Externalisierung:
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Ölpalme
Gewinnung d. Palmöls (Verwendung in Lebensmittel, Kosmetika etc.). Für den gleichen Ertrag von Soja benötigt es bei der Ölpalme nur ein Sechstel der Anbaufläche. Palmöl ist das meistproduzierte Pflanzenöl weltweit. Hauptanbaufläche in Malaysia und Indonesien. Anbaufläche wurde in den letzten Jahrzehnten verzehnfacht. (Indonesien 1990-2010 26 Millionen Hektar Wald gerodet)
Auswirkungen: Unmenge an Kohlendioxid wird produziert (durch Brandrodungen), Zerstörung von Lebensraum und Artenvielfalt, soziale Entwurzelung d. Bevölkerung, Atemwegserkrankungen, Kinderarbeit, Zwangsumsiedlungen, Menschenrechtsverletzungen etc.
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Baumwollproduktion in Indien
2014 wurde 6,75 Millionen Tonnen produziert. 21,6 Millionen Liter Wasser werden für jede Tonne Baumwolle verbraucht, Mehr als 3 Millionen Textilimporte aus Asien in die EU im Jahre 2012.
Auswirkungen: Aralsee innerhalb eines halben Jahrhunderts (fast) ausgetrocknet, Wasserverschmutzung, Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie, Niedriglöhne
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Sand
meistgebrauchter Rohstoff der Welt. Herstellung von Fensterscheiben, Beton, Zement, (Mineralsand auch in Zahnpasta, Hautcremen, Kreditkarten & Mobiltelefone). Größter Importeur: Singapur (über 500 Millionen Tonnen)
Auswirkungen: Meeresküsten und Flußufer erodieren, Grundwasserspiegel sinken, Biodiversität geht zurück, Lebensräume werden unbewohnbar
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Garnelenproduktion
84% der in Deutschland verspeisten Garnelen stammen nicht aus deutschen Gewässern. Thailand weltweilt größte Garnelenexportnation;
Auswirkungen: „Garnelenmast“ in künstlich angelegten Teichen – Mangrovenwälder werden abgeholzt, Verwendung von Chemikalien und Medikamenten, Gebrauch von Antibiotika
Kinderhände im Eiswasser
Frage: Warum dreht sich das Rad immer weiter? Warum wissen wir so viel über Ausbeutung, Auslagerung und Ungerechtigkeit und trotzdem wird nichts dagegen getan?
Drei Thesen:
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Externalisierungshabitus:
Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist weltgesellschaftlich in einer habituellen Position zu den reichen zu gehören (viele Freiheiten genießen und auch ausleben etc.) Externalisierungshabitus = es ist uns in Fleisch und Blut übergegangen – dass wir so leben wie wir leben als kollektive Gesellschaft.
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Geheime Gesellschaftsvertrag:
Die Entwicklung der westlichen Industriegesellschaften beruht auf den zweiten Weltkrieg (ständig wachsender Wohlstand, immer mehr Demokratie, etc.). Die Bevölkerungsmehrheit mit Ländern dieses Typs akzeptieren alles so lange der Wohlstand, die Konsumansprüche etc. steigen
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Erzwungene Komplizenschaft:
Kapitalismus ist schuld – wird aber von uns gelebt. So wie die Gesellschaft gegenwärtig eingerichtet ist, müssen wir dieses Spiel mitspielen – wenn wir nicht mitspielen wollen müssen wir hohe Kosten eingehen.
(Abschluss)These:
Es scheint, als ob die Auslagerungsdynamik langsam zurückkehren würde in die Zentren des globalen Kapitalismus (in die reichen, hoch entwickelten, industrialisierten, demokratischen Gesellschaften des globalen Nordens).
Rezension:
Das Buch ist an und für sich leicht zu lesen. Nicht locker aber leicht zu folgen. Das Buch unterteilt sich in 5 Kapitel und weist 226 Seiten auf.
Der Autor Stephan Lessenich behandelt in dem Buch die Thematik der Externalisierung, damit ist die Auslagerung von Produktionen und deren Auswirkungen auf Mensch, Umwelt sowie Wirtschaft gemeint. Er spricht dabei mehrmals an, dass wir in der in den industrialisierten Ländern über unsere Verhältnisse leben und dies auf Kosten anderer tun. Im Großen und Ganzen hat mir das Buch sehr gut gefallen und ist besonders empfehlenswert um in die Thematik einzusteigen. Allerdings denke ich auch, dass sich teilweise Prozesse komplexer gestalten als es Lessenich teilweise darstellt wobei natürlich die Thematik nicht an ihrer Dimension positiviert werden soll. (Beispielsweise seine Einteilung von Nord und Süd – ich denke, dass es hier auch Unterschiede innerhalb der Länder gibt. Wahrscheinlich würde es aber den Rahmen des Buches sprengen). Wie gesagt, empfehle ich das Buch weiter, da es einen Überblick über die momentane Situation der Externalisierungsgesellschaft gibt.
(Carina Schneider, IMM2, SS2018)