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Noch ein Buch über Nachhaltigkeit? Kennen wir denn nicht schon alle klimafreundlichen Tipps?
Thomas Weber wurde vom Residenz Verlag angefragt, ein Buch über eine bessere Welt zu schreiben. Als Herausgeber des Biorama Magazins und von THE GAP hat er einen guten Überblick über die Szene und er geht Themen erfrischend an. Die im Herbst 2014 erschienene Publikation wurde vielfach schon besprochen, zuletzt sogar im PAGE Magazin. Daher gehe ich hier auf einige spezielle Aspekte ein.
Zum Beispiel gemeinsam einkaufen: ökologische Produkte in grösseren Mengen besorgen und Freunde und Nachbarn darüber informieren. Denn was klimafreundlich ist, findet sich nicht in jedem Supermarkt. So kann nachhaltige Logistik unterstützt werden. Wegen einigen Bio-Erdäpfel und Karotten oder Eiern von glücklichen Hühnern extra mit dem Auto zum Biobauer fahren macht den guten Vorsatz klimabilanziell gleich wieder zunichte, außer ich nehme die Bestellliste anderer gleich mit (oder noch besser: verwende ein Lastenrad).
Zur Visualisierung bedient sich das Buch eines Punktesystems, das von kairos entwickelt worden ist. Über eine Webseite oder mit einem Spiel werden Tätigkeiten mit Punkten versehen. Wer klimafreundlich handelt, soll nicht mehr als 100 Punkte pro Tag verbrauchen. Mit einem Entwickler des Punktesystems diskutierte ich schon 2010 während einer zweistündigen Busfahrt im Burgenland, wie nachhaltiges Verhalten gemessen und kommuniziert werden könnte. Ich favorisiere eine ebenfalls offene Skala, bei der 1 (oder 100%) den Mittelwert darstellt, jedoch umgekehrt verläuft: klimafreundliches Handeln drückt sich in einer hohen Zahl aus, wer sündigt rutscht weit unter 100%. Viele Qualitätskriterien oder auch der IQ funktionieren nach diesem Prinzip, das wir im Ethicheck prototypisch umgesetzt und im Rahmen von "Ethify Yourself" erarbeitet haben.
Thomas Weber stützt sich in der Einleitung auf die Wissenschaftlichkeit und das Open Source Prinzip von eingutertag.org. Beide sind leider nicht erfüllt. Die Methode der Zuteilung der Punkte zu Tätigkeiten wie "Bananen kaufen" oder "Kapuzenpulli anziehen" konnte ich bisher nirgendwo nachvollziehbar aufbereitet finden. Der CO2 Bedarf erscheint eher gut geschätzt, aber nach welchen Quellen? Und die allgemein gültigen Kriterien für Open Source werden mit Füßen getreten: eingutertag.org ist zwar mit einer Creative Commons Lizenz ausgestattet, aber mit einer sehr restriktiven, denn diese lässt keine Änderungen oder Erweiterungen zu. Zudem sind die Quellformate nicht offen, was ein no-go für Open Source ist. Selbiges gilt für das Buch: Der Text wird nicht parallel online angeboten. Hierzu ein innovatives Geschäftsmodell zu überlegen, dafür kann ich mir den Residenzverlag ehrlich gesagt auch schwer vorstellen.
"Kaninchen und Ratz: als Haustier besser als Hund und Katz" ist mein liebstes Kapitel im Buch. Thomas Weber spricht aus, was wohl nicht nur ich über so manche Hundebesitzer denken: dass sie sich bislang wenig Gedanken darüber gemacht haben, dass der Fleischkonsum ihres Spielkameraden alles andere als klimafreundlich ist. Besonders eigenartig finde ich übrigens, wenn Vegetarier sich mit einem Hund umgeben und es so ausdrücken: "Mit dem Hund überwinde ich meinen inneren Schweinehund, mehr Bewegung zu machen." So ein Hund frisst einige hundert Kilo Fleisch im Jahr (und nicht nur Abfälle von Schweinen). Keine Frage, ein Hund regt auch an mit dem Nachbarn beim Gassigehn zu schwätzen und so ein sozialer Kontakt wirkt beglückend. Vielleicht lässt sich das ja auch mit Hühnern umsetzen, wenn sich ein paar Nachbarn zusammentun oder der Elternverein die Einrichtung einens Hühnerstall in einer Schule organisiert.
Mehr Anregungen und weitere gute Ideen finden sich im Buch, das leicht lesbar ist und sich auch für Leute eignet, die dem bisherigen Gigahektarklimaschutzsparvokabular nicht folgen konnten.
(rezensiert von Roland Alton)