Die Effizienz in unserer Landwirtschaft - es fehlt der Mittelweg

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Die Effizienz in unserer Landwirtschaft – es fehlt der Mittelweg
von Lisa Kostrzewa

Achttausend Hektar, das entspricht zwölftausend Fußballfelder und der Größe einer Plantage in Tansania. Dort wird der Treibstofflieferant der Zukunft angebaut. Die Samen der Pflanze Jatropha, auch Purgiernuss genannt, dienen für die Gewinnung eines Öls, welches als Brennstoff für Motoren verwendet werden kann.

Der italienische Journalist Stefano Liberti reiste für sein Buch Landraub, Reisen ins Reich des neuen Kolonialismus nach Tansania, um dort die Grenzen der Biotreibstoffe zu ergründen. In Tansania bewirtschaftet das britische Unternehmen Sun Biofuels die achttausend Hektar große Plantage. Die Firma hat die Anbaufläche für eine Laufzeit von neunundneunzig Jahren gepachtet.

Land wird für neunundneunzig Jahre verpachtet

Der Grundbesitz in Tansania wird laut Gesetz in drei Kategorien eingeteilt: Schutzgebiete, Allgemeingut und Dorfgut. Die Schutzgebiete umfassen unantastbare Nationalparks sowie Natur- und Wasserschutzgebiete. Über das Allgemeingut kann die Regierung verfügen. Und das Dorfgut darf von der Dorfgemeinschaft nach dem Gewohnheitsrecht genutzt werden. Ausländern ist es nicht erlaubt, Grundbesitz zu erwerben, allerdings können Anbauflächen für bis zu neunundneunzig Jahre gepachtet werden. Jedoch muss das zu verpachtende Land hierzu der Kategorie Allgemeingut angehören. Der überwiegende Teil der Anbauflächen in Tansania gehört der Kategorie Dorfgut an. Um dieses Land verpachten zu können, muss dessen Status von der Kategorie Dorfgut in Allgemeingut geändert werden. Dies ist nur mit der Zustimmung der betroffenen Dorfgemeinschaft und einer entsprechenden Entschädigungszahlung möglich. Die internationalen Investoren versuchen demnach die Zustimmung der Dorfgemeinschaft mit Hilfe der Zentralregierung, eines örtlichen Vertreters oder leeren Versprechungen einzuholen. Versprochene Entschädigungen werden nicht gezahlt und geplante Pläne hinsichtlich der Infrastruktur nicht realisiert. In der Regel erfolgt keine schriftliche Dokumentation, die Absprachen werden mündlich getroffen. Zudem kann die Änderung der Kategorie nicht rückgängig gemacht werden. Die Einheimischen verlieren dadurch das Recht an ihrem Grund und Boden.

Was hat die Europäische Union damit zu tun?

Die Europäische Union hat sich dazu verpflichtet bis 2020 zehn Prozent des im Straßenverkehr benutzten Treibstoffs aus erneuerbaren Energien bereitzustellen. Die ist ein Grund, weshalb sich Tansania in den letzten Jahren zum bevorzugten Ziel ausländischer Konzerne entwickelt hat. In erster Linie sind diese Konzerne an dem Aufbau von Plantagen zur Herstellung von Biotreibstoffen interessiert.

Das Problem ist der fehlende Mittelweg

Stefano Liberti schreibt in seinem Buch, dass in diesem Zusammenhang der Mittelweg fehlt. Es gibt nur zwei Extreme. Auf der einen Seite, die, die Investitionen unbedingt wollen und auf der anderen Seite diejenigen, die jede Investition als Beispiel für Neokolonialismus betrachten. Der Agrarsektor in Tansania beschäftigt achtzig Prozent der Arbeitskräfte und macht fünfundachtzig Prozent des Exports aus. Aktuell steckt dieser Sektor in einer Krise, weil die Preise für den Export von bestimmten Agrarprodukten wie beispielsweise Baumwolle und Kaffee auf dem Weltmarkt zusammengebrochen sind. Die steigende Nachfrage aus dem Ausland für Biotreibsoff könnte helfen, diese Krise zu überwinden, aber nicht indem den Bauern ihr Land und damit ihre Lebensgrundlage genommen wird.

Persönliche Gedanken zum Thema

Als ich 2014 durch die afrikanischen Länder Botswana, Sambia, Malawi und Mosambik reiste, fielen mir vermehrt Schilder mit dem Logo der USAID auf. Es handelt sich hierbei um die United States Agency for International Development (USAID). Es ist eine Behörde der Vereinigten Staaten für Entwicklungszusammenarbeit, welche in diesem Bereich die gesamten Aktivitäten der Außenpolitik koordiniert. Das Logo war unter anderem in Verbindung mit Nahrungsquellen, wie beispielsweise Fischereibetrieben am Malawisee oder Ackerland, abgebildet. Zu sehen war das Logo ebenfalls auf den frisch gestrichenen Läden der Agrarkonzerne, welche selbst in den abgelegensten Dörfern zu finden sind. In Mosambik etablierte der amerikanische Agrarkonzern Cargill mit staatlicher Unterstützung und gegen den starken Wiederstand der Einheimischen genmanipuliertes Sojasaatgut. Dieses Vorgehen treibt die afrikanischen Kleinbauern in die Abhängigkeit der ausländischen Großkonzerne.

Ilija Trojanow schreibt in seinem Buch Der überflüssige Mensch, dass alle fünf Sekunden ein Kind unter zehn Jahren verhungert und etwa eine Milliarde Menschen an Hunger leidet. Dabei werden weltweit genügend Nahrungsmittel produziert, damit keiner eines Hungertodes sterben müsste. Allein die Nahrungsmittel, die in Europa und Nordamerika weggeworfen werden, würden ausreichen, um alle Hungernden auf der Welt zu ernähren – es bliebe sogar etwas übrig.

Es gibt unzählige Vorgehensweisen, in denen ein Mittelweg fehlt oder Minderheiten gar nicht erst gehört werden. Vielleicht wird auf diese Art und Weise die Effizienz gesteigert, aber nachhaltig ist das nicht.

Literatur:

Liberti, Stefano (2012): Landraub. Reisen ins Reich des neuen Kolonialismus. 1. Auflage. Berlin: Rotbuch Verlag.
Trojanow, Ilija (2013): Der überflüssige Mensch. St. Pölten – Salzburg – Wien: Residenz Verlag.

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