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Warum kommt es zu Bankkrisen? Sind Bankmanager dumm? Diesen Fragen ist Hans-Werner Sinn Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft nachgegangen. Er begründet die Antwort im Zusammenwirken eines schlechten Bilanzierungssystems mit verschiedenen Moral-Hazard-Effekten, die durch die bestehenden Aufsichtssysteme nicht eingedämmt werden können.
Das schlechte Bilanzierungssystem, das inzwischen von Großunternehmen weltweit verwendet wird, ist der International Financial Reporting Standard (IFRS). Das Manko des IFRS besteht darin, dass er die systematische Ansteckung infolge von Kursschwankungen nicht dämpft, was zu einer Übertragung der Kursschwankungen zwischen den Unternehmen führt und in weiterer Folge Schockwellen durch das Finanzsystem sendet (Bull Whip-Effekt).
In der gegenwärtigen Krise sind drei Moral-Hazard-Effekte von besonderer Bedeutung:
Erstens ist die Vergütung des Managements infolge des übermäßigen Einflusses der Investmentbanken auf die Politik der Geschäftsbanken stark von der kurzfristigen Entwicklung des Aktienkurses abhängig. Investmentbanken können hohe Renditen nur in einer Welt volatiler Anlagekurse und kurzfristiger Performanceziele erreichen und über sie wird in den Unternehmen Druck auf die Manager erzeugt, sich an eher kurzfristigen Zielen zu orientieren.
Zweitens gehen Banken übermäßige Anlagerisiken ein, weil sie davon ausgehen, dass ihnen der Staat wenn nötig schon aus der Patsche helfen wird. Die Banken spekulieren darauf, dass sie zu groß sind, als dass der Staat sie in Konkurs gehen lässt.
Drittens resultiert aus der asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den Banken und ihren Kreditgebern, dass Banken Wertpapiere mit attraktivem Nominalzins aber mit unbekannter Rückzahlungswahrscheinlichkeit ausgeben. Dabei werden Wertpapiere geschaffen, die mit komplexen, aus guten und schlechten Anlagewerten bestehenden Portfolios unterlegt sind, deren wahren Risiken nur schwer einzuschätzen sind. Selbst die privaten Rating-Agenturen unterschätzen die vorhandenen Risiken gewaltig, was dazu beiträgt, dass Geldanleger auf der ganzen Welt viel zu hohe Preise für die hypotheken-besicherten Wertpapiere der US-Emittenten zahlen. Also gibt es nichts, das die Banken hindert, minderwertige Anleihen zu verkaufen. Wie bei Gebrauchtwagen, die gleich nach dem Kauf liegen bleiben, Tomaten und Äpfeln, die gut aussehen, aber wässrig schmecken, oder Anzügen, die nach kürzester Zeit durchscheuern, haben die Verkäufer auch hier die Produktqualität gemindert und die Kosten gesenkt, ohne dass die Käufer es vor dem Kauf merken konnten. Und da minderwertige Produkte sich zum selben Preis verkauften wie hochwertige, verschwanden letztere vom Markt. In der Ökonomie hat sich hierfür der Begriff des Zitronenhandels eingebürgert, denn die Zitrone steht in Amerika für schlechte alte Autos. Statt guter Anleihen haben die Banken Zitronen verkauft (Market for Lemons).