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Menschenwürdige Arbeit als Unternehmensziel - das funktioniert!
Über den Vortrag von Karl Pirsch in Rankweil
Viel ist davon die Rede, dass Arbeitsplätze geschaffen werden müssen, und dass wir immer noch mehr Wirtschaftswachstum brauchen. Dabei verliert man gerne aus dem Blick, worum es eigentlich geht bzw. gehen sollte: Um ein menschenwürdiges, vielleicht sogar glückliches Leben für möglichst viele Menschen. Sind diese Ziele überhaupt vereinbar? Ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen auf die Beine zu stellen und dabei die Lebensbedingungen der Menschen nachhaltig zu verbessern, anstatt immer mehr Druck zu erzeugen, geht das überhaupt? Der Österreicher Karl Pirsch, Gründer des Unternehmens "Eine Welt Handel" ist der lebende Beweis: Es geht! Sogar inklusive Umwelt- und Klimaschutz.
Vom kleinen Marktstandler ...
Als Ein-Mann-Betrieb mit einem kleinen Toyota-Bus und 5000 Schilling Startkapital begann Karl Pirsch 1987 seine fair gehandelten Korbwaren auf Pfarrmärkten in der Steiermark zu verkaufen. Dass er als Spinner belächelt wurde, störte ihn wenig: Dass er nicht ernst genommen wurde, hatte den angenehmen Nebeneffekt, dass man ihn machen ließ.
... zu Europas größtem "fairen" Korbwarenhändler
Heute belächelt ihn niemand mehr, denn der Pionier des fairen Handels ist ausgesprochen erfolgreich: Weltweit arbeiten 3500 Menschen unter fairen Arbeitsbedingungen für ihn. In Deutschland, Österreich und Tschechien sind es an die 70 Mitarbeiter/innen. Er liefert unter anderem an Weltläden, Spar und Baumärkte; sein Sortiment hat er mittlerweile ausgeweitet auf Lederwaren, Filzprodukte, Lebensmittel, Strickwaren... Dabei schließt sein soziales und unternehmerisches Engagement auch Umweltthemen mit ein; so wurde er für den Neubau seines Büro- und Logistikgebäudes in Niklasdorf mit der klima:aktiv-Plakette ausgezeichnet.
Vortrag anlässlich 30 Jahre Weltladen Rankweil
Auf Einladung des Weltladen Rankweil hielt der charismatische Unternehmer am Samstag, 22.10.11, einen sehr spannenden und informativen Vortrag in Rankweil. Dabei berichtete er aus eigener Anschauung, welch dramatische Auswirkungen die von uns (Wohlhabenden) verursachte Klimaerwärmung auf die Lebenssituation armer Bergbewohner hat - zum Beispiel im Himalaja.
Klimawandel aus Sicht des Handelsreisenden
Da entstehen Gebirgsgletscher, die nirgendwo abfließen können und ehemals von Eis bedeckte Flächen sind nicht mehr begehbar. So müssen sich die Bergbewohner/innen auf ihrem Weg nach Kathmandu in tiefe Felsspalten hinein abseilen und anschließend wieder nach oben klettern, weil die alten Wege zusammen mit dem Gletschereis verschwunden sind. Die weite Reise in die Hauptstadt wird dadurch noch beschwerlicher. Durch die gute Organisation eines fairen Handelspartners, der die Lebenssituation und geografischen Gegebenheiten der Produzenten berücksichtigt, wird hier zum Beispiel dadurch geholfen, dass durch Vereinbarungen und Vorbestellungen nicht mehr so viele gefährliche Wege anfallen.
Fairer Handel gegen Verelendung
Die positiven Auswirkungen des fairen Handels veranschaulichte Karl Pirsch außerdem, indem er von indischen Hindu-Frauen erzählte, die sich mit Musliminnen zusammenschlossen, um Glasschmuck zu erzeugen. Die Eltern der jungen muslimischen Mädchen waren zunächst nicht begeistert; schließlich aber führte eine Missernte dazu, dass die bäuerlichen Familien ohne den "Zuverdienst" der Töchter ihr Land verkaufen und in die Stadt abwandern hätten müssen. Durch das faire Handelsprojekt konnte also nicht nur die Eigenständigkeit der jungen Frauen gestärkt werden, sondern es wurde zudem der Verelendung und Landflucht ganzer Familien entgegengewirkt.
Gespräch und Bewusstseinsbildung sind ebenso wichtig wie Verkauf
Persönlich betroffen machen Karl Pirsch die dummen Sprüche, mit denen er immer wieder konfrontiert ist, wenn er selbst am Marktstand steht. "Die müssen halt arbeiten, dann geht es denen auch besser" und "Sollen sie halt nicht so viele Kinder in die Welt setzen" sind ganz alltägliche Sager, die Mitmenschen zum Thema Armut einfallen. Dieser Ignoranz versucht Karl Pirsch im persönlichen Gespräch entgegenzuwirken, schließlich geht es ihm nicht nur um Verkaufs- und Gewinnzahlen. Da muss der redegewandte Unternehmer dann leider oft die Erfahrung machen, dass die Ignoranz mitunter gewollt ist, dass überhaupt kein Interesse an einem echten Verständnis der Realität besteht: "Viele gehen dann einfach achselzuckend davon."