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von Robert Oetting, Mail: robo.oe[benötigtesZeichen]gmail.com
„
But we are running out of time. There is now overwhelming
scientific evidence that humanity poses such pressures on
Earth that we can no longer exclude destabilizing the entire
Earth system, undermining possibilities for future prosperity.
“
(Transformation is feasible: A report to the Club of Rome by: Jorgen Randers et. al.)
Der Einfluss des Menschen auf den Planeten ist weitgehend sichtbar. Satellitenbilder zeigen das Ausmaß geografischer Veränderung durch menschliches Wirken. Wir hohlen Erdöl und Gas aus dem Boden und verbrennen es, wir produzieren der Biosphäre fremde Chemikalien und setzen sie frei, wir verändern die Topologie mit Landwirtschaft, Industrie, Städten und Straßen. Christian Schwägerl hat ein populärwissenschaftliches Buch mit dem Titel „Menschenzeit“ darüber geschrieben, wie der Mensch ein neues Zeitalter der Erdgeschichte begeht. (Schwägerl, Christian (2010): Menschenzeit: Zerstören oder Gestalten? Die entscheidende Epoche unseres Planeten. München: Riemann Verlag.) In der Vergangenheit, seit in den 60er Jahren Umweltbewusstsein begann ein Mainstreamphänomen zu werden, wurden viele Themen, die den Einfluss des Menschen auf die Welt betreffen, öffentlich diskutiert. 1972 wurde das Buch „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlicht, damals wurden eher konkrete Probleme diskutiert. Der Katalysator für Fahrzeuge wurde Pflicht, die Ozonschicht zerstörende Gase wurden verboten, Luftverschmutzung durch Industrie und Verkehr wurde eingeschränkt. Aber so viele Probleme auch gelöst wurden, es kommen laufend neue hinzu. Die Summe dieser Probleme wird als Umweltverschmutzung zusammengefasst, wir wissen alle davon, finden es gut wenn etwas getan wird, wir trennen Müll und werfen keinen Abfall auf den Boden. Es gibt ein kollektives Umweltbewusstsein, zumindest in den reichen Industrienationen. Die These, dass die menschliche Zivilisation durch ihr Wirtschaften, also durch ihre Art und Weise wie sie Ressourcen verarbeitet, langfristig Effekte provoziert die dann später negative Auswirkungen haben, ist also nicht neu.
Im Folgenden möchte ich den Klimawandel mit anderen Umweltproblemen vergleichen. Die Veränderung des Klimas durch den Treibhauseffekt ähnelt anderen konkret fassbaren Umweltproblemen. Wir kennen den Mechanismus, wissen um Ursachen und Wirkungen, und können Lösungsansätze entwerfen. Die Diagnose ist relativ klar.: Durch die Freisetzung von Treibhausgasen seit Beginn der Industrialisierung erwärmt sich die Atmosphäre durch den Treibhauseffekt. Dieser Zusammenhang ist mehr oder weniger seit dem Jahr 1900 bekannt, schon im Jahr 1965 haben die Berater des US Präsidenten den Treibhauseffekt als ernstzunehmendes Problem beschrieben und davor gewarnt. (https://www.bbc.com/news/science-environment-15874560) Was unterscheidet nun die Klimaerwärmung von anderen Umweltproblemen?
Groß, konkret und nicht leicht zu beheben
Es gibt unter den verschiedenen Umweltproblemen welche mit konkreten und gut beschriebenen Wirkmechanismen, wie beispielsweise die schädlichen Effekte des sauren Regens, oder die Giftigkeit von Schwermetallen, die mit relativ geringem Aufwand durch entsprechende Gesetzgebung beseitigt werden können. Dann gibt es auch noch weniger gut verstandene Probleme, wie zum Beispiel die Gentechnik, deren Auswirkungen sehr schwer vorhersagbar sind. Die möglichen negativen Auswirkungen von Genmanipulationen werden von katastrophal bis nicht vorhanden angenommen. Oder die Freisetzung von Medikamenten durch den Menschen, deren Wirkung auf Organismen langfristige Folgen haben könnte, wobei nicht genau bekannt ist wie, wie stark und in welchen Zeiträumen das Problem besteht. Wir können Umweltprobleme also in konkrete, gut verstandene, und schwerer fassbare einteilen. Eine zweite Unterscheidung ist die Zeitspanne in der Umweltprobleme entstehen, und die Dauer ihrer Wirkung. Lärm verschwindet sofort, Chemikalien oder radioaktive Isotope können noch sehr lange Folgen haben. Die dritte Unterscheidung machen wir am räumlichen Wirkungsgebiet fest. Mache Umweltprobleme sind sehr dramatisch, aber lokal begrenzt, wie zum Beispiel starke lokale Kontamination mit Gift oder radioaktiven Isotopen. Andere sind zwar globale Probleme, aber dafür nicht unmittelbar dramatisch. Die vierte Unterscheidung möchte ich an der Einfachheit der Lösung treffen. Manche Probleme sind relativ einfach zu beheben, vielleicht wird das eine oder andere Gut etwas teurer, vielleicht kostet es ein paar Arbeitsplätze, aber durch die richtigen Gesetzte sind diese Probleme einfach in den Griff zu bekommen. Andere Lösungen, wie zum Beispiel die des Plastikproblems, haben weitreichendere Auswirkungen auf unser Leben, erfordern viel Anpassung von Konsument*nnen.
Wir können also nach dem Grad unseres Wissens über das Problem (wie gut kennen wir den Mechanismus?), der Dauer, der Aufwändigkeit der Lösung, und der räumlichen Ausdehnung unterscheiden. Die Klimaerwärmung ist zum Einen ein sehr langsames Problem, die Akkumulation von CO2 in der Atmosphäre reicht bis an den Beginn der Industrialisierung zurück, und wird noch weit in die Zukunft Auswirkungen haben, weil sich insbesondere CO2 nur sehr langsam abbaut. Auch ist nicht nur ein kleiner Teil der Welt betroffen, sondern die Auswirkungen betreffen die ganze Welt. Die Klimaerwärmung ist drittens ein gut beschriebenes Phänomen, deren Wirkmechanismus bekannt ist, und mittlerweile als wissenschaftlich fundierte Tatsache gilt. Viertens ist die Klimaerwärmung schwer zu „beheben“. Die Klimaerwärmung ist also zugleich ein sehr großes, lange dauerndes, schwer zu Behandelndes und sehr konkretes Problem.
Problem und Lösung
Die österreichische Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb kommt in ihrer Analyse der globalen ökologischen und atmosphärischen Situation zu einem klaren Ergebnis: Unser Umgang mit Ressourcen muss sich ändern. Wir konsumieren zu viele Güter, wir fahren zu viel Auto und wir fliegen zu viel. Diese Diagnose wird von den meisten ihrer internationalen Kolleg*nnen geteilt. Als politischen Lösungsvorschlag, als einzig mögliche Maßnahme, nennt sie und ihre Kolleg*nnen einen „Systemwechsel“ also eine Umstrukturierung der Art und Weise wie wir wirtschaften, wie und in welchem Ausmaß wir Ressourcen prozessieren. Derartige Maßnahmen würden einen deutlichen Eingriff in das Leben aller Bewohner reicher Industrienationen bedeuten. Die Botschaft ist klar: Wir in den reichen Ländern, wir deren Lebensstil die Klimaerwärmung verursacht, müssen unser Leben ändern oder sehr viele Menschen werden darunter leiden. Der CO2 Ausstoß auf der Welt ist großteils den reichen Industrienationen zuzurechnen. Statistiken und Artikel zur Katastrophe finden Sie hier: https://www.accc.gv.at/
Sozial katastrophal: Lebensentwürfe und Ideologien in Bedrängnis
Erst in den letzten Jahrzehnten ist die bevorstehende Katastrophe langsam zum Allgemeinwissen geworden. Menschen die während des großen Aufschwunges nach dem zweiten Weltkrieg an der Verbesserung der Lebensbedingungen für alle mitgearbeitet haben, indem Industrie und damit Wohlstand geschaffen wurde, sehen sich jetzt mit der Tatsache konfrontiert, dass eben dieser Wohlstand Ursache für die vermeintlich größte menschengemachte Umweltkatastrophe überhaupt ist. Eine wissenschaftliche Erkenntnis hat noch nie direkt derart weitreichende soziale und psychologische Auswirkungen gehabt. Alle Ideologien und Lebensentwürfe, die auf der Annahme basieren, dass Fortschritt, Arbeit und Technologie grundsätzlich erstrebenswert und gut sind, werden in Frage gestellt. Mobilität und Energieversorgung sind momentan ohne Treibhausgase nicht denkbar. Transport und Energie sind unmittelbar mit der Produktion von Konsumgütern verknüpft, wie uns die Konsumerhebung in Österreich für die Jahre 2014 und 15 zeigt, wird zusätzliches Einkommen, das mehr als die Grundbedürfnisse deckt, vorwiegend für Mobilität und Konsumgüter ausgegeben. (http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/soziales/verbrauchsausgaben/konsumerhebung_2014_2015/index.html) Dabei muss gesagt werden, dass es auch ökologisch unproblematische Konsumgüter gibt. Immaterielles wie zum Beispiel Software, kann wohl als eher unbedenklich betrachtet werden. Bei den Informationstechnologien muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Übertragung großer Datenmengen und rechenaufwendige Anwendungen, ebenfalls problematisch sind, denn Datenübertragung und Rechenleistung braucht relevante Energiemengen. Im Wesentlichen müssen wir uns mit dem Gedanken anfreunden, dass unser Lebensstil, und insbesondere der von besserverdienenden Mitmenschen (die ihr Einkommen in der Regel auch ausgeben, wie aus der Konsumerhebung hervorgeht), grundsätzlich problematisch ist. Der beschworene „Systemwechsel“ würde wohl die Lebensrealität vieler Menschen durcheinanderbringen. Die weitverbreitete Ideologie, dass wir unser Geld „verdienen“, dass wir das Recht haben unser Geld auszugeben wie wir möchten, gerät ins wanken. Wer sich ein bescheidenes Vermögen mit Arbeit in der Industrie erarbeitet hat, wird jetzt vor die Tatsache gestellt, dass eben dieser Wohlstand gewisserweise unmoralisch ist, denn die Kosten tragen zukünftige Generationen und die Menschen in den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen der Welt. Wir müssen uns fragen, ob und wie es überhaupt möglich ist, dass ein Großteil der in Wohlstand lebenden Menschen, ihre Ideologie und Lebensweise entsprechend anpasst. Denn, wie am Erfolg von Pseudowissenschaften und Verschwörungstheorien zu sehen ist, haben Menschen die Fähigkeit, der Rationalität entgegengesetzte Ansichten zu vertreten, ohne sich ihrer Inkonsistenz und Heuchelei zu schämen. Wir konstruieren unsere Weltanschauung nicht vorwiegend vernunftgeleitet, sondern erschaffen uns Wahrheiten, die sich mit unseren Lebensmodellen vertragen. Wir sind potenziell blind für Tatsachen die in Konflikt mit unseren Ideologien stehen. Dem Klimawandel wirklich zu begegnen hieße, dass sehr viele Menschen sich selbst eingestehen müssten, dass ihre Arbeit, sogar ihr Lebenswerk, ein Fehler war, dass sie ihr Geld überhaupt nicht verdient haben. Wer sich bisher über eine langweilige und freudlose Arbeit mit dem Gedanken getröstet hat, wenigsten schöne und brauchbare Dinge zu produzieren, muss sich mit dem Gedanken abfinden, dass diese Dinge besser gar nicht hätten produziert und transportiert werden hätten sollen.
Kommunikation / Politik
Es ist Aufgabe der Regierungen, sich dieser Herausforderung zu stellen und eine Kampagne zu starten deren Botschaft lautet: Wir müssen unser Wirtschaftssystem fundamental ändern, wir müssen gemeinsam ärmer werden, wir müssen uns unsere Fehler eingestehen und beginnen wirklich nachhaltig zu leben. Wir können das gemeinsam so gestalten, dass niemand zurückgelassen wird. Wir müssen zwar Teile der Industrie enteignen, auf viele Dinge verzichten, wir lassen aber niemanden alleine, wir werden das gemeinsam schaffen und dafür sorgen, dass die Welt lebenswert bleibt.
Am Anfang dieses Prozesses steht ein guter Plan, der zwar konkret und detailreich ist, aber auch Anpassungen an unvorhergesehene Situationen berücksichtigt. Außerdem wird das Kommunikationsdesign eine wichtige Rolle spielen, es ist sehr wichtig, dass ein derartiges Vorhaben gut kommuniziert wird. Denn ohne Zweifel wird es Proteste geben, bestimmte Milieus, Gruppen und Berufsgruppen, werden stärker betroffen sein, andere kaum. Besonders gut verdienende Angestellte in der Industrie, Techniker und alle die an Produktion und Verteilung von klimaschädlichen Konsumgütern beteiligt sind, werden besonders stark betroffen sein. Gute Kommunikation hilft dabei diesen Prozess leichter zu machen. Hier sind Designer*nnen gefragt, die soziale Kompetenzen haben, sich in Menschen hineinversetzen können, und in der Lage sind komplizierte Sachverhalte verständlich und überzeugend zu vermitteln.